Dienstag, 12. Juli 2016
Besuch bei den Knetmännchen
Vorgestern, also letzten Sonntag, besuchten der Mann, das Kind und ich das Deutsche Filmmuseum. Wir haben uns zusammen die Sonderausstellung "Die Kunst von Aardman" angesehen und sind immer noch begeistert.
Zur Einstimmung zeigt die Ausstellung im Foyer teils Trophäen, wie den Oscar, teils Frühwerke: Stop-Motion-Filme, aufgenommen vor knapp 20 Jahren mit einem (damals aktuellen) Nokia N8 - hey, das Handy hatte ich auch mal!
In der Ausstellung dann viele viele tolle Vorzeichnungen, Storyboards, einzelne Figuren, deren Aufbau aus Armatur, Knetmasse, Kleidung sichtbar ist, Filme, beziehungsweise Filmausschnitte, und Dokus zu den verwendeten Techniken des Studios und das allertollste: mehrere Vitrinen mit den Kulissen zu den "Wallace and Gromit"-Filmen. Lauter Puppenstuben, mit soviel Liebe zum Detail modelliert, eingerichtet, ausgestattet. Für kleine Menschen ist zudem vor jeder Vitrine ein Tritthocker plaziert. Für das Kind, das ja gerade erst in den Kindergarten geht, gab es damit wunderbar viel zu schauen.
Wider Erwarten wollte das Kind aber zuerst gar nicht die Ausstellungsräume betreten, dann schenkte es seine ganze Aufmerksamkeit einem kleinen Film über die Aardman-Figur "Morph". Wallace und Gromit und damit 90 Prozent der Ausstellung hatten das Nachsehen.
Der Film stellt "Morph" vor und zeigt, wie der Bewegungsfluss einer Stop-Motion-Figur entsteht. Im Anschluss folgt eine witzige Episode aus dem aktuellen Morph-Filmen. Nach mehrmaligem Anschauen waren das Kind und ich der Meinung: das wollen wir auch mit Knete machen! Das Museum bietet samstags und sonntags ab 14 Uhr eine offene Trickfilm-Werkstatt an. Wir haben stattdessen später im Museumscafé bei Limo und Kaffee nachgeschaut, ob es eine entsprechende Stop-Motion Handy-App gibt (gibt es, natürlich) und schonmal überlegt, was für eine Figur wir kneten (vielleicht ein Pony).
Mich hat neben den detailreichen Kulissen besonders ein Filmset begeistert, das extra für die Ausstellung aufgebaut worden war. Es dient dazu, verschiedene Lichtsituationen zu demonstrieren. Dieses Studio wird gleichzeitig mit einer fest installierten DSLR-Kamera gefilmt und das Bild zu besseren Anschauung auf einen Bildschirm projeziert.
Der Mann und ich waren uns abschließend einig: wir kommen bestimmt nochmal wieder, unrealistisch ist das nicht, die Ausstellung wird noch bis zum 30. Oktober gezeigt.


Dienstag, 5. Juli 2016
#Wmdedgt: Freiluftbüro
Heute war ein gänzlich unspektakulärer Tag. Mit einer Ausnahme: es war weder zu heiß noch regnerisch, klimatisch war ich mit diesem Dienstag sehr einverstanden.
Aufgestanden bin ich wie immer um 6:30 Uhr, dann anziehen, Frühstück richten und dieses gemeinsam mit dem Mann und dem Kind eingenommen. Dann: dem Kindelein beim Anziehen, Zähneputzen geholfen, die Haare geflochten und in den Kindergarten gebracht. Kurz zurück nach Hause und die bereits gepackte Arbeitstasche geholt und dann zur Postagentur bei uns im Ort.
Die Postagentur hatte tatsächlich geöffnet. Das ist nicht so selbstverständlich, Anfang des Jahres sollte sie ganz geschlossen werden und hatte dann absurde Öffnungszeiten, deswegen war ich einfach froh, dass ich den Weg nicht umsonst gelaufen war. 8 cent Briefmarken gekauft, Briefe frankiert, vor Ort abgegeben und zum Bahnhof gelaufen. Da ich recht zeitig losgefahren bin, hatte ich noch über eineinhalb Stunden Zeit, bis meine Führung anfing.
Diese Zeit habe ich genutzt, um einen Teil meines Diss-Kapitels zu korrigieren. Manchmal schlägt mein Plan, woanders zu arbeiten, schlicht fehl, weil ich mich nicht konzentrieren kann. Heute lief alles rund (wie gesagt: Wetter gut, nicht sonnig, aber warm). Als dann die Sonne rauskam und mich das Licht blendete, war es auch genug, ich hatte ohnehin einen guten Abschnitt geschafft.
Nach der Führung musste ich wieder nach Hause fahren, das Kind vom Kindergarten abholen. Zuhause dann erstmal Kaffeetrinken, vom Tag erzählen, es wurde ein Lied vorgesungen und dann im Garten gespielt. Dabei konnte ich auf der Terrasse nochmal ein bisschen am Text herumkorrigieren - ein Glücksfall.
Kurz darauf mussten wir nochmal los zum Kinderturnen, danach zurück nach Hause, Abendessen, heute zur Abwechslung mal mit gebratenen Zucchini sodass das Kind auch mal abends Gemüse gegessen hat. Jetzt schläft sie, ich trinke Tee. Vielleicht jetzt Buch-Bett oder doch die schriftlichen Korrekturen am PC einarbeiten? Mal sehen. Man soll es ja nicht übertreiben.
Weitere #Wmdedgt von heute im Blog von Frau Brüllen


Mittwoch, 8. Juni 2016
Heiliger Eligius, hilf!
Eine Museumsführung mit dem „Chinesischen Körbchen“
Letzten Sonntag hielt ich die Sonntagsführung im Schaudepot des Liebieghauses. Das Schaudepot ist – wie der Name sagt – ein etwas abseitig gelegener Ausstellungsraum, der Skulpturen quer durch alle Epochen nebeneinander und in der Präsentation ohne eindeutiges Konzept beherbergt. Das Schaudepot ist nur an jedem ersten Sonntag eines Monats öffentlich zugänglich. Die dort ausgestellten Werke beherbergen eine „Sammlung innerhalb der Sammlung“, sie bilden sammlungsgeschichtlich sowie kunsthistorisch einen Kontext zu den Skulpturen in den Sälen des Museums. Bei Bedarf werden aus dem Schaudepot Werke entnommen, so sind in der aktuellen Sonderausstellung „Athen – Triumph der Bilder“ eine Reihe spätägyptischer Mumienporträts zu sehen, die ansonsten im Depot ausgestellt werden.
Die Führung wurde mit dem Thema „Ungewöhnliche Nachbarschaften im Schaudepot“ angekündigt. Eine Chance also, den Teilnehmern die Fülle der Sammlung sowie Analogien und Kontraste - ikonographisch, in ihrer kulturhistorischen „Aufgabe“, in punkto Materialbearbeitung und Stil vorzustellen.
Doch wie treffe ich eine Auswahl? Aus verschiedenen Gründen wollte ich dieses Mal die Führung nicht als eine frontale Präsentation der Werke halten, sondern den Besuchern die Gelegenheit geben, die Führung mitzugestalten.
Kürzlich hatte ich im Methodenpool der Kulturtussi etwas über die Vermittlungstechnik „Chinesisches Körbchen“ gelesen. Die Methode, von der ich mir vorstellen kann, dass sie auch als Kreativtechnik geeignet ist, funktioniert folgendermaßen: als Kulturvermittlerin bringe ich eine kleine Sammlung von Krusch-Krims-Krams-Objekten, idealerweise in einem Beutel mit. Diese Dinge haben mit dem Gegenstand der Führung/Präsentation nichts zu tun, man sammelt ein, was halt so herumfliegt – hier mein „Chinesisches Körbchen“. Ich habe mich für das erste Mal auf fünf Dinge beschränkt, im Gegensatz zu den vorgeschlagenen 15-20. Zu Beginn der Führung bat ich die Teilnehmer, je ein Ding aus dem Beutel zu nehmen und sich dann ein Kunstwerk nach Belieben auszusuchen. Dann arbeitete ich mich nach und nach an den Objekten ab, indem ich die Dinge meines Körbchens assoziativ mit den ausgewählten Kunstwerken verknüpfte und auf diese Weise sich auch ein "Nachbar" für das jeweilige Kunstwerk sehr einfach finden ließ.
Für meine Führung stellte sich diese Methode als ideal heraus und zwar aus folgenden Gründen:
- Das Schaudepot vereint viele Kunstwerke unterschiedlicher Epochen in eng begrenzten Räumlichkeiten. Man hat kurze Wege und damit immer alle Skulpturen im Blick, es ist daher leicht, Blickbeziehungen zwischen den Objekten herzustellen – aber auch leicht, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen und sich in der Menge der Skulpturen zu verlieren.
- Die Anzahl der Objekte und ihre weitgehend unstrukturierte Aufstellung/Montierung im Depot erfordert eine Auswahl.
- Wird diese von den Teilnehmern über die Dinge aus dem Körbchen selbst getroffen, sind die Chancen höher, dass sich der Besucher besser auf das vorgestellte Kunstwerke und den dazugehörigen Antagonisten (den „ungewöhnlichen Nachbar“ laut Ankündigung) konzentrieren kann und sich u. U. selbst damit identifiziert (weil selbst ausgewählt)
- Die Auswahl aus dem Körbchen gibt mir als Vermittlerin die Chance, bei der Vorstellung bestimmter Werke von eingefahrenen Ideen/Perspektiven abzuweichen und über Assoziationen den Blick auf einen bestimmten Aspekt eines Kunstwerks zu fokussieren.
Wie ist es mir ergangen?
Vergleicht man die Beschreibung der Methode im Kulturtussi-Blog, habe ich die Methode die vollständig angewandt, sondern nur den ersten Schritt - die Auswahl durch die Teilnehmer - umgesetzt und dann wieder selbst übernommen. Das nächste Mal würde ich u. U. noch weiter gehen - im Sinne einer wachsenden Beteiligung und des Dialogs unter den Teilnehmern der Führung. Durch diese Selbstbeschränkung bin ich zudem auf ernsthafte Vermittlungsprobleme gestoßen. Ich gestehe, ich habe während der Führung immer wieder in der Werkliste des Schaudepots gespickt (vor allem nach Datierungen) und auch zwei Mal ernsthaft gepatzt, weil mir rein gar nichts zum ausgewählten Werk einfiel beziehungsweise weil sich eine Doppelung ergab. Die Methode hat mir deutlich die Grenzen meines Wissens über die Werke in der Sammlung vorgeführt (ägyptische Hieroglyphen kann ich nun mal nicht lesen, in dem speziellen Fall wäre es ganz gut gewesen, ansatzweise den Inhalt der Inschriften zu kennen). Aber: die Besucher waren engagierter und „wacher“ als ich das sonst (vor allem im Schaudepot) erlebe und haben vor allem anfangs viel mehr Fragen zur Präsentation der Werke im Depot gestellt.
Das Beste kam zum Schluss: das letzte ausgewählte Kunstwerk hatte ich wirklich noch nie (Nie! Nie!) in der Sammlung wahrgenommen: ein spätmittelalterliches Retabel mit einer Darstellung des Heiligen Eligius als Hufschmied. Ausgerechnet! (Der Heilige ist unter anderem der Schutzpatron der Numismatiker – da darf ich mich als Kunsthistorikerin wohl auch dazu zählen?)