Ausstellung und Präsentation
Seit Mai führe ich durch die Ausstellung „Athen – Triumph der Bilder“ im Liebieghaus. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Funktion von Kulten und Bildern als Träger historischer Erinnerung und Mittel zur Stiftung kultureller Identität in der Zeit des antiken Stadtstaats Athen während des 5. Jhd. v. Chr.
Ausgestellt sind Skulpturen (auch Abgüsse), Kleinplastiken, Vasen und Architekturmodelle. Diese werden durch Wandtexte, –illustrationen sowie animierten Projektionen ergänzt. Die Besucher können sich darüber hinaus in der Ausstellung mit Hilfe des Katalogs und des Digitorials informieren sowie einen Audioguide ausleihen oder eben eine Führung besuchen.
Welches Ziel haben meine Führungen? Unter welchen Bedingungen finden Führungen statt?
Während einer Führung sollen die Besucher in 60 Minuten die Highlights sowie einen Großteil der 12 Ausstellungsräume sehen. Idealerweise fühlt sich der Besucher nach der Führung über das Kernthema der Ausstellung sowie über den historischen, kunst- und kulturgeschichtlichen Kontext der gezeigten Werke gut informiert.
Leider bleiben dabei Vermittlungstechniken, die eine Besucherpartizipation erlauben, aussen vor. Das Ziel, bestimmte Werke und Informationen zu vermitteln, Gruppengrößen zwischen 15 und 25 Besuchern sowie gleichzeitig stattfindende Führungen zu manchen Zeiten erfordern die Verwendung eines so genanntes Echo-Systems - die Besucher hören meine Worte über Kopfhörer - und die stetige Fortbewegung einer Gruppe durch die Ausstellungsräume.
Kommunikation archäologischer Forschungsergebnisse - aber welcher?
Die Ausstellung entstand auf Basis aktueller Forschungen zur Architektur und Bauskulptur des Parthenon sowie allgemein zur Bebauung und Skupturen auf der Akropolis nach 450 v. Chr. (also nach dem Friedensschluss mit den Persern). Der Cella-Fries des Parthenon zeigt szenisch Kulthandlungen der wichtigsten Feste im antiken Athen sodass die Ausstellung den athenischen Kalender mit seinen verschiedenen religiösen Feiern vorstellt. Die Götterfeste sind vor allem Athena, aber auch Poseidon, Apollon, Dionysos und anderen Göttern gewidmet. Der Mythos sowie Bilder und Skulpturen erinnern darüber hinaus an Erechtheus, den Ziehsohn der Athena und den ersten König Athens.
Weiterhin sind die Orte einiger Kulte oder bestimmte Opferhandlungen mit historischen Ereignissen während der Perserkriege verbunden – Kult, Mythos und bildliche Darstellungen dienen also dazu, die kulturelle Identität zu festigen und das Gedenken an historische Ereignisse wach zu halten.
Neben den neuesten Forschungen wird das Ausstellungsthema zudem von anderen archäologischen Themen flankiert. Dazu zählen unter anderem das Werk des Bildhauers Phidias, dem die Mehrheit der (Bau)Skulpturen auf der Akropolis zugeschrieben wird. Weitere Themen sind die Vasenmalerei des 5. Jahrhunderts v. Chr. sowie Religions-und Kulturgeschichte im antiken Griechenland. Einige der gezeigten Exponate, wie beispielsweise die Aphrodite Brazza oder die Vasen haben darüber hinaus eine ganz eigene Forschungs- und Interpretationsgeschichte. Diese spielt im Kontext der Ausstellung keine Rolle, muss jedoch für die Konzeption der Führung mitbedacht werden. (also: wenn ich das Werk vorstelle, gehe ich auf die verschiedenen Forschungsmeinungen ein? Oder lieber nicht? Aus Zeitgründen verzichte ich darauf.)
Entwicklung meines Konzepts
Zur Vorbereitung führte der Kurator vor Eröffnung die Kunstvermittler des Ausstellungsteams durch die Ausstellung. Zudem stellte die Abteilung Bildung und Vermittlung den Katalog und weitere Materialien wie beispielsweise die Texte des Audioguide, Wandtexte oder Raumpläne zur Verfügung. Dies war sehr hilfreich, um die verschiedenen Bedeutungsebenen der Ausstellung besser zu fassen.
Viele Besucher kommen in die Ausstellung, weil ein Interesse an der antiken Kultur (Stichwort: Knabenliebe), an Athen als Reiseziel, an antiker Geschichte und Mythologie besteht. Aus diesen Gründen habe ich meine Führung als eine „Zeitreise“ in das 5. Jahrhundert angelegt, die es mir erlaubt, diese Menge unterschiedlichen Informationen und Medien zu ordnen und zu präsentieren.
Mein „Storytelling“ (wenn man es so nennen darf) schließt drei Ebenen ein:
1. Die Akropolis
Perserkriege, Gründung des Attisch-Delischen Seebundes, Perserfrieden 450 v. Chr., Perikleische Kulturpolitik: alles konzentrierte sich in der Baukampagne auf der Akropolis. Hier zeige ich die Modelle und Karten der Akropolis sowie die Abgüsse der Parthenon-Giebelskulpturen. Diese befinden sich in einem Ausstellungsraum, der sich sein Design deutlich von den anderen Kabinetten unterscheidet.
Nach dieser Einführung geht es los: wir tauchen ein in den Ablauf des Jahres in Athen anhand des Kalenders. Das Design der Ausstellungsräume zeigt an der Wand jeweils ein Fragment vom Cella-Fries des Parthenon als Abguss sowie ein Kalenderblatt des entsprechenden Monats, das die Götterfeste aufführt.
Punkt 1) lässt sich allerdings auch an den Schluss verschieben, falls beispielsweise mehrere Gruppen in der Ausstellung unterwegs sind.
2. Die Jahreszeiten
Meine zweite Erzählebene beschäftigt sich mit den Festen im Jahreslauf. Diese ergeben sich aus Realien, wie Klima/Meteorologie, Astronomie (vor allem Sommer- und Wintersonnenwende) und daraus folgend der Landwirtschaft in Athen. Mit diesen verbinde ich die Realitäten der athenischen Gesellschaft - also Geschlechterverhältnisse; die Rechte der Athener, der Metöken, der Sklaven; Ereignisse, wie Geburten, Hochzeiten, Symposion.
Um diese Realien zu verdeutlichen beziehe ich während der Führung auch Wandtexte und –illustrationen mit ein. Die Anstrengung, die eine Schiffsprozession von Athen nach Kap Sunion mit den griechischen Trieren darstellte, vermittelt sich anschaulicher, wenn eine Darstellung der Schiffe von einer Illustration der Karte begleitet wird.
3. Die Götter und ihre Attribute
Die Mythen, die Athena, Hephaistos, Poseidon und Erechtheus eine Rolle spielen, bilden in meiner Führung den Kern meiner Erzählung. Von der Beschreibung der Feste (wer nimmt daran teil, wie laufen sie vermutlich ab) leite ich über zu den Handlungen und Attributen der Athena und der anderen Götter. So wird deutlich auf welche Weise diese mit der Identitätsbildung der Kultteilnehmer beitragen. Die Bilder und Skulpturen zeugen davon, wie die antiken Mythen als ein Instrument der historischen wie politischen Selbstvergewisserung und Erinnerung eingesetzt wurden.
Die Ausstellung „Athen – Triumph der Bilder“ ist noch bis zum 4. September 2016 in der Liebieghaus Skulpturensammlung in Frankfurt am Main zu sehen. Weitere Informationen sowie das Digitorial zur Ausstellung finden sich auf der Webseite der
Liebieghaus Skupturensammlung.